Wie sinnvoll ist der Nutri Score im Alltag?
Rot – Gelb – Grün: Der Nutri Score soll eine Entscheidungshilfe beim Einkauf sein. Die Lebensmittelampel kann den Vergleich zwischen Lebensmitteln einer Kategorie vereinfachen und irreführenden Herstellerangaben wie „weniger süß“ entgegenwirken. Aber: Das Wissen um eine gesunde, ausgewogene Ernährung kann der Blick auf den Nutri Score nicht ersetzen.
Das Wichtigste in Kürze
- Der Nutri Score soll gesunde und ungesunde Lebensmittel kennzeichnen. Als kurz gefasste Bewertung der Inhaltsstoffe und Nährwerte wird er auf der Vorderseite der Produktverpackung abgedruckt.
- Am sinnvollsten ist der Nutri Score für Produkte mit relativ vielen Zutaten. Hier eignet er sich gut, um Lebensmittel einer Kategorie – also etwa Fruchtjoghurts oder Müslimischungen – miteinander zu vergleichen.
- Aber: Der Griff zu Grün bedeutet nicht, dass Sie sich automatisch gesund ernähren. Denn bei der Zusammenstellung einer ausgewogenen Ernährung hilft der Nutri Score nicht.
Wie funktioniert der Nutri Score?
Die Ende 2020 eingeführte sogenannte erweiterte Nährwertkennzeichnung Nutri Score ist ein Ampelsystem für Lebensmittel, das Konsumenten helfen will, beim Einkauf gesunde Entscheidungen zu treffen. Die Kennzeichnung ist eine vereinfachte Kurzfassung der auf der Packungsrückseite abgedruckten Informationen zu Inhaltsstoffen und Nährwerten.
Was bedeutet der Nutri Score? Der Nutri Score soll es ermöglichen, den Nährwert eines Lebensmittels auf einen Blick zu erfassen. Dazu dienen die fünf Buchstaben A bis E, hinterlegt mit einer Farbampel, die von grün bis rot reicht. Dabei bedeutet das grüne A eine günstige Nährstoffzusammensetzung, das rote E eine ungünstige – und die anderen Buchstaben und Farben entsprechende Abstufungen von eher günstig bis eher ungünstig.
Am sinnvollsten ist der Nutri Score, wenn es darum geht, Lebensmittel miteinander zu vergleichen, die zu einer Kategorie gehören – also beispielsweise verschiedene Arten von Wurstaufschnitt, Knuspermüsli oder Tiefkühlpizza. Da gibt es oft erstaunliche Unterschiede.
Für den Vergleich von Lebensmitteln unterschiedlicher Kategorien ist der Nutri Score dagegen weniger sinnvoll. Beispiel: Sonnenblumenöl (Score C) und Toastbrot (ebenfalls C) sind trotz ihrer identischen Bewertung in keiner Weise vergleichbare oder gleichwertige Lebensmittel. Und dass Ihre Nudeln eine günstige A-Bewertung und Ihr Gouda-Käse nur eine D-Bewertung haben, heißt nicht, dass Sie am besten nur noch Nudeln und gar keinen Käse mehr essen sollten.
Wie wird der Nutri Score berechnet?
Berechnet wird der Nutri Score anhand der Tabelle mit den Nährwerten und der Inhaltsstoffliste des zu bewertenden Lebensmittels. Für die Lebensmittel-Kategorien „Allgemeine Lebensmittel“, „Rotes Fleisch“, „Käse“, „Fette, Öle, Nüsse und Saaten“ sowie „Getränke“ gelten dabei jeweils etwas andere Rechenregeln.
Nach einem von Ernährungsexperten entwickelten System werden „positive“ Punkte für den Gehalt an Ballaststoffen, Proteinen, Gemüse, Hülsenfrüchten und gesunden Ölen vergeben – und „negative“ Punkte für einen hohen Energiegehalt, Zucker, gesättigte Fettsäuren und Salz. Der Nutri Score ergibt sich dann aus der Bilanz positiver und negativer Punkte.
Was sagt der Nutri Score aus?
Der Nutri Score soll eine schnelle Orientierung zum Ernährungswert eines Lebensmittels geben. Die Aussagekraft der Lebensmittelampel ist dabei aber doch eher begrenzt.
Ein Nutri Score von E ist zwar fast immer ein Zeichen dafür, dass Sie das so gekennzeichnete Lebensmittel besser nur in kleinen Mengen verzehren sollten. Trotzdem: Dass 85-prozentige Bitterschokolade mit E bewertet wird, während Kartoffelchips immerhin ein D bekommen, reflektiert nicht wirklich den Ernährungswert der beiden Lebensmittel: Bitterschokolade ist zwar kalorienreich, enthält aber auch sehr gesunde Antioxidantien. Aber das berücksichtigt der Nutri Score ebensowenig wie den Gehalt an Vitaminen und Mineralstoffen.
Aus dem gleichen Grund muss auch ein A-Score nicht bedeuten, dass Sie hier gerade zu einem besonders wertvollen Lebensmittel greifen. Dass normale Pasta ein A hat, liegt daran, dass sie fett-, zucker- und salzfrei ist. Trotzdem wird Ihnen kein Ernährungsexperte empfehlen, jeden Tag Pasta zu essen – denn streng genommen besteht die Weißmehl-Nudel im Wesentlichen aus relativ wertlosen, leicht verdaulichen und daher dick machenden Kohlenhydraten.
Und dass Oliven-, Sonnenblumen-, Nuss- und Rapsöl es wegen ihres hohen Fettgehaltes nur auf den B-Score bringen, heißt keineswegs, dass diese Produkte nicht Ihre allererste Wahl sein sollten, wenn es um das beste Fett zum Kochen, Braten und für Salatdressings geht.
Wie sinnvoll ist der Nutri Score zum Abnehmen?
Ehrlich gesagt: nicht wirklich sinnvoll. Zwar kann der Nutri Score irreführende Herstellerangaben wie „weniger Zucker“ (im Vergleich womit?) oder „mit wertvollem Multivitamin“ (und jeder Menge Zucker…) auf ungesunden Lebensmitteln korrigieren: Wenn das Produkt trotzdem nur ein E bekommt, können Sie sich ziemlich sicher sein, dass es keine gute Wahl ist.
Aber auch wenn Sie von heute an nur noch Produkte mit Nutri Score A wählen, heißt das keineswegs, dass Sie sich sinnvoll und ausgewogen ernähren – schließlich verrät Ihnen der Nutri Score nichts darüber, mit welchen Kombinationen von Lebensmitteln Sie Ihren täglichen Bedarf an Protein, ungesättigten Fettsäuren, Ballaststoffen oder Vitaminen am besten decken. Und es heißt auch nicht, dass Sie nun auf jeden Fall ein Kaloriendefizit erreichen – denn das hängt natürlich davon ab, wie viel Sie essen.
Überdies lässt der Nutri Score Waren, die nicht durch die Hände der Lebensmittelindustrie gegangen sind (wie Gemüse, Obst, frischen Fisch oder das Vollkornbrot vom Bäcker) komplett außen vor. Dabei sollten diese wertvollen Produkte die Basis Ihrer Ernährung bilden.
Wie nutze ich den Nutri Score am besten im Alltag?
Der Nutri Score ist keine Hilfe beim Zusammenstellen von ausgewogenen Mahlzeiten. Er weiß auch weder etwas über Ihre gesundheitlichen Bedürfnisse noch über Ihre individuellen Ziele. Kurz: Der Blick auf die Lebensmittelampel ersetzt in keinem Fall das Wissen um gesunde Ernährung.
Am meisten Sinn ergibt der Nutri Score noch bei der Bewertung von Fertigprodukten mit vielen Zutaten. Nun sollten die ja eigentlich möglichst keine große Rolle in Ihrer Ernährung spielen – aber wenn Sie doch einmal zu einer Tiefkühlpizza, einer fertigen Pastasauce, einem Eintopf aus der Dose, einer Knuspermüslimischung oder einem Früchtejoghurtbecher greifen, kann der Nutri Score Ihnen recht zuverlässig verraten, mit welchem der vielen angebotenen Produkte Sie noch am gesündesten unterwegs sind.
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